Laufband Test & Vergleich by MJC Mergener Hof

kollegialer Ersthelfer

Ausgangslage

Kollegiale Erstbetreuung nach Extremerlebnissen in Betrieben

Unfälle, Gewalttaten, lebensbedrohliche Erkrankungen, Katastrophen etc. können neben körperlichen Verletzungen auch seelische Verletzungen, ein Psychotrauma, verursachen (Trauma, griechisch = Wunde).
Nicht das traumatische Ereignis allein bewirkt die Verletzung, sondern das traumatische Ereignis (extern) und der dadurch ausgelöste psychische Prozess (intern).
Ein psychisches Trauma ist somit auch nicht etwas, das mit dem traumatischen Ereignis an sich (z. B. Überfall, Unfall) beendet ist, sondern ein prozesshafter Vorgang, der sich über das traumatische Ereignis hinaus erstreckt.

Verlaufsmodell der psychischen Traumatisierung:

Der Verlauf psychischer Traumatisierung beinhaltet drei Phasen:

  1. Traumatische Situation:
    Das traumatische Ereignis selbst und die Zeit kurz danach (Schockphase). Die prinzipielle Unmöglichkeit, eine traumatische Situation im Moment des Geschehens adäquat zu verarbeiten, bedingt die Notwendigkeit einer nachfolgenden Verarbeitung.
  2. Posttraumatische Reaktion:
    In der Phase der traumatischen Reaktion versucht das Individuum, sich nach dem Abklingen des Schocks der traumatischen Erfahrung zu stellen und beginnt, sie zu verarbeiten (Einwirkungsphase). Am Ende der Phase der traumatischen Reaktion steht entweder die gelingende Verarbeitung mit Übergang in die Erholungsphase oder die misslingende Verarbeitung mit Übergang in einen chronifizierten traumatischen Prozess.
  3. Posttraumatischer Prozess bzw. Erholung:
    Bei Erholung gelingt es dem Individuum nach und nach, die gemachte traumatische Erfahrung zu bewältigen und zu integrieren. Chronifizierung liegt dann vor, wenn nach einer angemessenen Verarbeitungszeit es dem Individuum nicht gelungen ist, die gemachten Erfahrungen zu bewältigen und in den eigenen Erfahrungskontext zu integrieren. Chronifizierungen können zu einem Vollbild eines chronischen psychotraumatischen Belastungssyndroms oder zu einer psychotraumatischen Belastungsstörung führen.

Nicht jedes Traumaopfer entwickelt eine PTBS:

Nach psychotraumatologischen Erkenntnissen können Personen, die belastenden Ereignissen von mittlerem bis hohem Schweregrad ausgesetzt waren, in folgende drei Traumaopfergruppen unterteilt werden:

„Selbsterholungsgruppe“:

Die Gruppe von Traumaopfern, die mit dem natürlichen Verlauf des Traumaverarbeitungsprozesses, mit eigenen Ressourcen und Potentialen und mit der Zeit das Trauma ohne bleibende Beeinträchtigungen verarbeiten.

„Wechslergruppe“:

Die Gruppe von Traumaopfern, die das Trauma wie die „Selbsterholer“ im natürlichen Verarbeitungsprozesses bewältigen, wenn keine weiteren „Störfaktoren“ (z. B. negative Konsequenzen durch den Arbeitgeber, familiäre/soziale Belastungen, Retraumatisierungen etc.) post-expositorisch hinzukommen. Kommen solche Störfaktoren im Laufe des Verarbeitungsprozesses hinzu, „kippt“ diese Gruppe zu der Risikogruppe hin.

„Risikogruppe“:

Die Gruppe von Betroffenen, die durch das Trauma ein hohes Risiko einer chronifizierten psychotraumatischen Belastungsstörung hat. (Ob ein Betroffener ein hohes PTBS-Risiko hat oder nicht, hängt von vielen verschiedenen Risikofaktoren ab und nicht von einer „schwachen“ Persönlichkeit!)

Kollegiale Erstbetreuung als ein Glied der Versorgungskette:

Die kollegiale Erstbetreuung füllt die bislang mehrere Wochen dauernde Versorgungslücke zwischen traumatischem Ereignis mit ggf. psychologischer Erste-Hilfe vor Ort („Laienhilfe“) und professioneller Behandlung der Betroffenen.

Zeitachse:

  • Traumatisches Ereignis
  • Psychologische Erste-Hilfe vor Ort
  • Kollegiale Erstbetreuung
  • ggf. ambulante/stationäre Therapie

Psychologische Erste-Hilfe vor Ort:

Die psychologische Erste Hilfe zielt hauptsächlich auf Beruhigung des Betroffenen zur Linderung des ersten Schocks ab, zum Beispiel durch Ansprechen, nicht alleine lassen, Distanzierung vom Überfall- oder Unfallort, Begleitung nach Hause oder zur Zeugenvernehmung etc.

Psychologische Erste-Hilfe ist Erstbetreuung am Ort. Aspekte der psychologischen Erste-Hilfe sind:

  • Beruhigung des Betroffenen,
  • Vermittlung von Sicherheit
  • Transparenz von eingeleiteten Maßnahmen
  • Aktives Zuhören

Die psychologische Erste-Hilfe muss nicht unbedingt von speziell ausgebildetem Fachpersonal durchgeführt werden. Mit einem minimalen Grundwissen über Psychotrauma (insbesondere Belastungsreaktionen, Verlauf und Folgen) und einfachen „Beruhigungstechniken“ kann jeder als „Laienhelfer“ effektiv die psychologische Erste-Hilfe gewährleisten.

Kollegiale Erstbetreuung:

Die kollegiale Erstbetreuung wird optimal nach Abklingen des ersten Schocks durchgeführt. Sie umfasst ein Gesamtpaket von Maßnahmen:

  • Psychoedukation (Informierung und Aufklärung des Betroffenen),
  • Symptomspezifische akute Stabilisierung (Distanzierung, Beruhigung)
  • Risikoeinschätzung (Prognose von Negativfolgen) und
  • Nachsorge (individuelle weitere Betreuung).